Editorial Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitglieder, zurzeit vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Beschäftigte ihre Arbeit niederlegen, um für bessere Arbeits- und Einkommensbedingungen zu streiken. Wohin wir auch schauen – ob im ÖPNV, an Flughäfen, an den Uniklini- ken, im öffentlichen Dienst des Landes Hessen und natürlich auch bei der Deutschen Bahn –, überall gehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Straße und streiken für ihre berechtigten Interessen. Auch wenn dies nicht jedem gefällt, der davon betroffen ist – die streikenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben unsere volle Solidarität verdient! Und sie setzen das um, was wir als Fachgewerkschaft DPVKOM schon immer gesagt haben: Streikrecht ist Grundrecht! Das bedeutet: Jeder Arbeitnehmer kann selbst entschei- den, ob er an einem ordnungsgemäßen Streikaufruf einer Gewerkschaft teilnimmt. Es dürfen also nicht nur Gewerkschaftsmitglieder streiken! Hingegen bekom- men nur Gewerkschaftsmitglieder Streikgeld oder eine Streikgeldunterstützung. Diese kann jedoch je nach Gewerkschaft unterschiedlich ausfallen. Die DPVKOM zahlt ab der ersten Streikminute 9,00 Euro netto pro Stunde und bis zu 55,00 Euro netto pro Streiktag. Selbst derjenige, der zu Beginn eines Streiks Mitglied unserer Fachgewerkschaft wird, erhält sofort diese gute finanzi- elle Unterstützung. Natürlich gibt es auch immer wieder Kolleginnen und Kol- legen, die durch diese Absicherung keinen reinen Netto- ausgleich haben, also etwas mehr von ihrem Lohn abgezo- gen bekommen, als wir ausgleichen. Aber: Eine Gewerk- schaft ist kein Versicherungsunternehmen, das jeglichen finanziellen Verlust ausgleicht. Wer Mitglied in einer Gewerkschaft ist, ist gleichzeitig auch Mitglied einer gro- ßen Solidargemeinschaft. Und eine Solidargemeinschaft beziehungsweise Solidarität zeichnet sich dadurch aus, dass man gemeinsam für die Interessen eintritt. Dieser ideelle Aspekt darf nicht vernachlässigt werden. An dieser Stelle sei auch die Frage erlaubt: Wofür streike ich denn? Am Ende des Tages doch für eine Lohnerhö- hung, für bessere Arbeitsbedingungen und letztlich für den Erhalt des Wertes meiner Arbeit. Und das wiegt sicherlich den einen oder anderen streikbedingten Lohnabzug mehr als auf. Davon abgesehen, ist die Teil- nahme an einem Streik auch die ganz persönliche Mög- lichkeit, mal Dampf abzulassen und dem Arbeitgeber die 02-2024 gelbe oder auch rote Karte zu zeigen. Und wenn viele Kolleginnen und Kollegen dies ebenfalls tun, dann erwächst daraus eine gewisse Stärke gegenüber dem Arbeitgeber. Eine Gewerkschaft braucht diese Stärke und diese Solidarität. Das zeigen nicht nur die (streik-)bewegten Zeiten, die wir um uns herum erleben, sondern das gilt auch in unse- rem Organisationsbereich. Wie bekannt, starten in Kürze die Tarifverhandlungen für die meisten Unternehmen im Telekom-Konzern. Das Unternehmen hat für 2023 einen Konzernüberschuss in Höhe von 17,8 Milliarden Euro erwirtschaftet. Fast 18 Milliarden Euro, an denen jede Kollegin und jeder Kollege einen Anteil hat. Das sind exorbitante Gewinne, die Ihr gemeinsam mit dem Unter- nehmen erreicht habt – und das bei Personalabbau, Per- sonalmangel und einer ständigen Arbeitsverdichtung. Wenn es jedoch um eine angemessene und verdiente Lohnerhöhung geht, steht Ihr als Beschäftigte keinesfalls an erster Stelle. Oft genug wird zuerst an die Aktionäre gedacht. Diese bekommen für das abgelaufene Geschäftsjahr eine um 10 Prozent erhöhte Dividende. Vor diesem Hintergrund sei hier noch einmal klargestellt: Unsere Forderungen, zu denen im Wesentlichen ein Sockelbetrag von 500 Euro für alle Arbeitnehmer unab- hängig von der Entgeltgruppe und darauf aufbauend eine prozentuale Erhöhung um 12 Prozent zählen, sind mehr als gerechtfertigt. Von nichts kommt jedoch nichts. Ohne Streiks, ohne persönlichen Einsatz in einer Soli- dargemeinschaft gibt es keine guten Ergebnisse. Das letzte Tarifergebnis bei der Telekom war aus meiner Sicht für eine sogenannte Mehrheitsge- werkschaft blamabel. Wir haben diese Tarifverträge auch nicht unterschrie- ben. Das haben wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern und Mandatsträ- gern entschieden. Wir wollen mehr für Euch erreichen. Deshalb werden wir auch für unsere Forderungen kämpfen. An dieser Stelle appelliere ich noch einmal an jeden von Euch: Unterstütze uns! Jeder Einzelne ist gefragt, denn am Ende ist alles eine Frage der Stärke, der Solidarität und des Veränderungswillens. Christina Dahlhaus Bundesvorsitzende Ihre/Eure Christina Dahlhaus M O K V P D : o t o F 3