RECHT y a b a x P i : o t o F Leider kommt es immer noch viel zu häufig vor, dass vor allem weib- liche Beschäftigte sexuell belästigt werden. Diese Vorfälle sollten auf keinen Fall einfach so hin- genommen werden. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz Was Betroffene wissen müssen! / Unerwartetes Berühren der Brust oder Genitalien / Androhung beruflicher Nachteile bei sexueller Ver- weigerung / Versprechen beruflicher Vorteile bei sexuellem Entge- genkommen / Aufforderung zu sexuellem Verkehr / Aufgedrängte Küsse / Zurschaustellen des Genitals / Erzwingen sexueller Handlungen, tätliche Bedrohung Gemäß § 7 AGG sind sämtliche Benachteiligungen ver- boten. Daraus ergibt sich, dass alle Regelungen, die sich auf das Verbot von Benachteiligung beziehen, auch für die sexuelle Belästigung gelten. Das Europarecht, aus dem das AGG entstanden ist, spricht im selben Sinne von Diskriminierung. Die Einstufung einer Äußerung oder einer Handlung als sexuelle Belästigung ist subjektiv. Heißt: Ausschlagge- bend dafür, ob es sich im Einzelfall um sexuelle Belästi- gung handelt, sind das individuelle Empfinden und die individuellen Grenzen der betroffenen Person. / KLARE DEFINITION DES BUNDESARBEITSGERICHTS Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat eine klare Defini- tion von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz formu- liert (BAG-Urteil vom 9. Juni 2011 – Az. 2 AZR 323/10). Folgendes spielt bei der Einordnung eine Rolle: / Das jeweilige Verhalten muss bewirken oder bezwecken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. / Relevant ist entweder das Ergebnis oder die Absicht. / Für das Bewirken genügt der bloße Eintritt der Belästigung. / Gegenteilige Absichten oder Vorstellungen der für dieses Ergebnis aufgrund ihres Verhaltens objektiv ver- antwortlichen Person spielen keine Rolle. / Auf vorsätzliches Verhalten kommt es nicht an. / Unmaßgeblich ist, wie die Person selbst ihr Verhalten eingeschätzt und empfunden hat oder verstanden wis- sen wollte. Diese Leitsätze machen zwar deutlich, wann von sexuel- ler Belästigung gesprochen werden kann, zeigen jedoch nicht auf, welche Situationen und Gegebenheiten eine entsprechende Diskriminierung befördern. In vielen Fäl- len ist nämlich Macht der zentrale Motor der sexuellen Belästigung. Sexuelle Belästigung passiert oftmals dort, wo Menschen anderen Menschen über- beziehungs- weise untergeordnet sind. Je stärker das Machtgefälle, desto wahrscheinlicher treten sexuelle Diskriminierun- gen auf. Denn es geht um die Demonstration von Macht oder auch um den Ausgleich von Machtunterschieden. Sexuelle Belästigung ist ein unangenehmes Thema, vor allem für die Menschen, die davon betroffen sind. Sie sind oft mit der Situation überfordert und leiden darunter. Als Gewerkschaft beschäftigen wir uns mit diesem Thema, weil wir Diskriminierung in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt ablehnen und dieser entgegenwirken möch- ten – zum einen durch (rechtliche) Hilfestellungen und zum anderen durch Informationen und Aufklärung darü- ber, wie Betroffene sich im Fall der Fälle wehren können. Tatsächlich gibt es konkrete gesetzliche Regelungen, die sexuelle Belästigung generell und damit natürlich auch am Arbeitsplatz ausdrücklich verbieten. Dazu zählt das Allge- meine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). In § 3 Abs. 4 AGG wird beispielsweise definiert, was unter sexueller Belästigung verstanden wird: „Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung (…), wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch bestimmte körperliche Berührungen, Bemer- kungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstel- lungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbe- sondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindun- gen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigun- gen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“ Eine sexuelle Belästigung kann sich dabei wie folgt äußern: / Anzügliche Witze / Hinterherpfeifen, Anstarren, taxierende Blicke / Pornografische Bilder am Arbeitsplatz / Anzügliche Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten im Privatleben / Unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht / In den Po kneifen oder auf den Po klapsen / Anrufe, E-Mails oder SMS mit sexuellen Anspielungen 16 06-2023