fächern“, kritisiert Petra F. Und weiter: „Eigentlich hat jeder in seinem Bezirk zu tun. Man ist schlichtweg schon am frühen Morgen gestresst, weil man sich über die zusätzliche Arbeit ärgert, und fragt sich, was passiert, wenn noch jemand krank wird.“ Dann, so die Kollegin gegenüber dem DPVKOM Magazin, muss noch ein Bezirk zusätzlich bearbeitet werden. Die Zustellerin beschreibt die Stimmung unter den Zustel- lern als gereizt. „Eine Person kann zusätzlich mehr sortieren und eine andere schafft es nicht, weil diese erst ihren Bezirk fertig haben möchte.“ Auch sie kann ihren Unmut über das neue Zustellkonzept kaum verbergen: „Eigentlich müsste man konsequent pünktlich zum Dienstende alles fallen las- sen. Dann würden so einige Bezirke im Chaos versinken.“ ⁄ ARBEITGEBER GREIFT MASSIV IN PRIVATLEBEN EIN Sehr schnell wird klar, welche negativen Auswirkungen das neue Zustellkonzept auf die Beschäftigten hat. „Der Arbeitgeber greift jetzt massiv in unser Privatleben ein. Er entscheidet, dass wir länger arbeiten sollen. Mit wel- chem Recht eigentlich?“, fragt sie. Die wenigen Minuten, die die Zusteller mit den Eingängen angerechnet bekom- men, seien ein Witz. Was sei mit der Zeit zum Einsortie- ren, mit der Zeit, die jeder benötige, um den zusätz- lichen Weg zu fahren, mit der Zeit für viele gigantische Umwege? „Das muss aufhören“, so Petra F. Gerade jetzt bei Temperaturen über 30 Grad und auf Zustelltouren ohne Schatten sei der Arbeitgeber doch in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Zustellerinnen und Zusteller nicht noch länger arbeiten, erklärt die Kollegin wütend. Man müsse auch mal früher Feierabend machen dürfen. Ihr Fazit zum neuen Zustellkonzept überrascht daher nicht: „Es tut mir leid, aber ich kann keine positiven Aspekte fin- den, nicht von meiner Seite aus. Ich kenne in meinem Umfeld auch niemanden, der die ganze Flexzustellung gut- heißt. Jeder schimpft und ist verärgert. Die ganze Last bleibt mal wieder beim Zusteller. Der opfert seine Freizeit und Gesundheit. Und für Familie ist kein Platz und keine Zeit mehr, weil man völlig k. o. nach Hause kommt.“ Nur einer profitiere davon und das sei der Personaleinsetzer. Schließlich müsse er den Bezirk nicht besetzen. ⁄ ZUSTELLER VERRATEN UND VERKAUFT Auf die Frage, inwiefern der Betriebsrat hier tätig wer- den könne, antwortet die DPVKOM-Kollegin: „Ich erhoffe mir vom Betriebsrat, dass er dem Ganzen ein Ende bereitet. Es ist für mich absolut unverständlich, dass er dem Konzept zugestimmt hat. Damit hat er jeden einzelnen Zusteller in meinen Augen verraten und ver- kauft. So sollte kein Betriebsrat arbeiten. Er sollte uns vielmehr vor der Willkür des Arbeitgebers schützen. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass der Betriebsrat uns 04-2022 erklärt hat, wieso, wes- halb und warum das neue Zustell- konzept eingeführt wird. Also mein Betriebsrat ist das nicht. Ich habe ihn auch so nicht gewählt.“ ⁄ KRITIK DER DPVKOM WAR RICHTIG UND ANGEMESSEN Die beiden Erfahrungsberichte der Kolleginnen zeigen, dass vieles von dem eingetreten ist, was die DPVKOM im Zusammenhang mit dem neuen flexiblen Zustellkon- zept befürchtet beziehungsweise kritisiert hat. Neben einer weiteren Arbeitsverdichtung für die vorhandenen Zusteller haben sich auch der Wegfall vieler Stamm- bezirke und die mittlerweile immer häufiger vorkom- menden Aufteilungen negativ auf die Beschäftigten aus- gewirkt. Diese negativen Folgen wollten eine andere im Unternehmen vertretene Gewerkschaft und ihre Betriebsräte offenbar nicht sehen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie der Einführung der flexiblen Zustel- lung zugestimmt und die Wünsche und Interessen der Zustellerinnen und Zusteller ignoriert oder – noch schlimmer – „verkauft“ haben. Und noch eines wird durch die Schilderungen der bei- den Beschäftigten deutlich: Sie erwarten, dass die betrieblichen Interessenvertreter nun endlich im Sinne der Mitarbeiter aktiv werden und bessere Regelungen vor Ort abschließen. Die DPVKOM hat sich zum Ziel gesetzt, zusammen mit ihren Betriebsräten Betriebsver- einbarungen auszuarbeiten, die unter anderem Folgen- des vorsehen: ⁄ ein Mitspracherecht der Betriebsräte bei der Fest- legung der Bezirksgrößen und ⁄ eine persönliche Zuordnung der Zusteller zu den ein- zelnen Bezirken und damit die Beibehaltung des Stammzustellerprinzips. Hierzu wurden im Rahmen einer Schulung von freige- stellten Betriebsräten vom 6. bis 8. Juli in Königswinter Thomasberg bereits erste Vorbereitungen getroffen und Inhalte diskutiert. Auch wenn die DPVKOM in den Betriebsratsgremien der Deutschen Post „nur“ die Opposition stellt, will und wird sie dieser verantwortungsvollen Aufgabe gerecht werden sowie einmal mehr unter Beweis stellen, dass sie die Fachgewerkschaft für die Beschäftigten des Unter- nehmens ist. Maik Brandenburger M O K V P D : s o t o F Bei einem Treffen von freigestellten Betriebs- räten Anfang Juli wurde auch das Thema „flexible Zustellung“ diskutiert. Hierzu werden die Be- triebsräte der DPVKOM zukünftig Betriebsverein- barungen ausarbeiten. 5